Hintergrund:
Im Rahmen der ViDA-Initiative der EU-Kommission ist die Einführung eines elektronischen Meldesystems geplant, das unter anderem die bisherigen Zusammenfassenden Meldungen (ZM) ersetzen soll. Diese Änderungen sollen gemäß dem aktuellen Zeitplan im Jahr 2028 in Kraft treten. Um sich darauf vorzubereiten, ist bereits ab 2024 eine überarbeitete Definition des Begriffs "Elektronische Rechnung" (Art. 217 MwStSystRL) geplant.
In Deutschland wurde Mitte April ein Diskussionsentwurf für die verpflichtende elektronische Rechnungsstellung veröffentlicht, der in den Referentenentwurf des Wachstumschancengesetzes aufgenommen wurde. Die ausdrückliche Genehmigung des EU-Rats für die E-Rechnungspflicht wurde am 25. Juli 2023 erteilt, um die Umsetzung bereits vor den EU-weiten ViDA-Maßnahmen zu ermöglichen.
Was ändert sich?
Die geplanten Änderungen umfassen zunächst neue Begriffsdefinitionen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 ff. UStG-E). Ab dem 1. Januar 2025 wird zwischen elektronischen Rechnungen (auch als eRechnungen bezeichnet) und anderen Rechnungen unterschieden.
Eine elektronische Rechnung (§ 14 Abs. 1 Satz 3 UStG-E) ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Sie muss den europäischen Normen für die elektronische Rechnungsstellung und den entsprechenden Syntaxen gemäß RL 2014/55/EU entsprechen (und somit der Norm EN16931). Beispiele hierfür sind die XRechnung, die bereits im öffentlichen Auftragswesen verwendet wird, oder das hybride ZUGFeRD-Format (eine Kombination aus PDF und XML).
Wichtig: Ab 2025 wird eine per E-Mail versandte PDF-Rechnung nicht mehr als elektronische Rechnung gelten!
Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung:
Grundsätzlich haben Unternehmer das Recht, Rechnungen auszustellen, wenn sie Lieferungen oder Leistungen erbringen. Wenn diese Leistungen an andere Unternehmer erbracht werden und der Umsatz nicht nach § 4 Nr. 8 - 29 UStG steuerbefreit ist, sind sie zur Rechnungstellung verpflichtet. Für die Rechnungstellung haben Unternehmer 6 Monate (ab Ausführung der Leistung) Zeit. Dies bleibt im Rahmen des Wachstumschancengesetzes unverändert, obwohl der Gesetzestext angepasst wird. Neu ist jedoch die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung (§ 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UStG-E).
Wer ist betroffen?
Die Verpflichtung zur elektronischen Rechnung im oben genannten Sinne betrifft ausschließlich Leistungen zwischen Unternehmern (B2B), wobei sowohl der leistende Unternehmer als auch der Leistungsempfänger im Inland (bzw. in Gebieten nach § 1 Abs. 3 UStG) ansässig sein müssen.
Hinweis: Ansässigkeit im Inland erfordert den Sitz, die Geschäftsleitung oder eine beteiligte Betriebsstätte im Inland. Falls kein Sitz vorhanden ist, reichen auch Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland aus (§ 14 Abs. 2 Satz 3 UStG-E). Eine umsatzsteuerliche Registrierung in Deutschland ohne gleichzeitige Ansässigkeit löst keine Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung aus.
Ab wann gilt die Verpflichtung zur E-Rechnung?
Die grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung tritt am 1. Januar 2025 in Kraft. Angesichts des zu erwartenden Umsetzungsaufwands für Unternehmen hat der Gesetzgeber jedoch Übergangsregelungen (§ 27 Abs. 39 UStG-E) für die Jahre 2025 bis 2027 eingeführt:
- Bis Ende 2025 dürfen für in 2025 ausgeführte B2B-Umsätze weiterhin Papierrechnungen verwendet werden. Auch elektronische Rechnungen, die nicht dem neuen Format entsprechen, sind in diesem Zeitraum zulässig, allerdings ist hierfür die Zustimmung des Rechnungsempfängers erforderlich (§ 27 Abs. 39 Nr. 1 UStG-E).
- Bis Ende 2026 dürfen für in 2026 ausgeführte B2B-Umsätze weiterhin Papierrechnungen verwendet werden. Elektronische Rechnungen, die nicht dem neuen Format entsprechen, sind ebenfalls zulässig, unter der Voraussetzung, dass der Rechnungsaussteller einen Vorjahresumsatz von maximal 800.000 EUR hat (§ 27 Abs. 39 Nr. 2 UStG-E).
- Bis Ende 2027 dürfen für in 2026 bzw. 2027 ausgeführte B2B-Umsätze weiterhin elektronische Rechnungen, die nicht dem neuen Format entsprechen, übermittelt werden. Hierbei ist wiederum die Zustimmung des Rechnungsempfängers erforderlich, und die Übermittlung muss über elektronischen Datenaustausch (EDI) erfolgen (§ 27 Abs. 39 Nr. 3 UStG-E). Papierrechnungen sind ab 2027 im B2B-Bereich grundsätzlich nicht mehr zulässig.
- Ab 2028 müssen die neuen Anforderungen an E-Rechnungen und ihre Übermittlung zwingend eingehalten werden. Dies legt die Grundlage für das geplante Meldesystem und die ViDA-Maßnahmen der EU fest. Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) erhält die Ermächtigung, die genauen Spezifikationen des strukturierten elektronischen Formats der elektronischen Rechnungen in einer Verordnung festzulegen (§ 14 Abs. 6 UStG-E).
Hinweis: Verbände fordern, dass bewährte Verfahren wie der elektronische Datenaustausch (EDI) auch nach dem 31.12.2027 weiterhin anwendbar bleiben. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) befürchtet weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen, wenn E-Rechnungssysteme, die nicht den neuen Anforderungen entsprechen, nicht mehr verwendet werden dürfen.
Was gilt für Rechnungsempfänger?
Die E-Rechnungspflicht gilt grundsätzlich ab dem 1. Januar 2025, wie bereits erwähnt. Wenn ein inländisches Unternehmen als Rechnungsaussteller die oben genannten Übergangsregelungen nicht in Anspruch nimmt, müssen inländische unternehmerische Rechnungsempfänger ab dem 1. Januar 2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen gemäß den neuen Vorgaben zu empfangen und zu verarbeiten. Anders als bisher ist die Zustimmung des Rechnungsempfängers für die elektronische Rechnungstellung nicht mehr erforderlich, es sei denn, die Rechnung entspricht nicht den neuen Vorgaben oder es besteht keine E-Rechnungspflicht (z.B. bei bestimmten steuerfreien Umsätzen oder Kleinbetragsrechnungen).
Hinweis: Bei Rechnungen an Endverbraucher (B2C) bleibt die Zustimmung des Endverbrauchers für die elektronische Rechnungstellung erforderlich.
Gutschriften weiterhin möglich:
Die Abrechnung per Gutschrift (Rechnungstellung durch den Leistungsempfänger) bleibt weiterhin zulässig, sofern dies vorher vereinbart wurde. Auch eine Rechnungstellung durch Dritte im Namen und für Rechnung des Unternehmers ist weiterhin möglich.
Ausnahmen von der Verpflichtung:
Nicht in allen Fällen ist eine E-Rechnung im oben genannten Sinne verpflichtend. Zum Beispiel können Kleinbetragsrechnungen (§ 33 UStDV) weiterhin als "sonstige Rechnungen" im oben genannten Sinne übermittelt werden, z.B. in Papierform. Dies gilt auch für Fahrausweise (§ 34 UStDV).
Ausblick:
Die Einführung der elektronischen Rechnungstellung wird unausweichlich sein, insbesondere aufgrund der Effizienzvorteile der automatischen Verarbeitung strukturierter Rechnungsdaten. Im öffentlichen Auftragswesen ist die elektronische Rechnungsstellung bereits verpflichtend, und im privaten Sektor erwarten immer mehr Unternehmen von ihren Geschäftspartnern, dass sie elektronische Rechnungen senden und empfangen können. Daher besteht ein zunehmender Druck zur Umstellung, unabhängig von den Zeitplänen der nationalen oder EU-Gesetzgebung. Da die Umstellung je nach Unternehmensgröße und Systemlandschaft mit erheblichem Zeitaufwand und Ressourcen verbunden sein kann, empfiehlt es sich, geeignete Projektstrukturen frühzeitig zu implementieren, um eine rechtzeitige Umsetzung zu erleichtern, sobald die rechtlichen und technischen Details finalisiert sind.