Grundsteuer und die Grundsteuerreform - alles was Sie für 2022 wissen müssen


Die Grundsteuer zahlt in Deutschland jeder Bürger – Hauseigentümer leisten die Zahlungen direkt an die Kommune, Mietern wird sie als Teil der Nebenkosten in Rechnung gestellt. Die Bundesregierung hat sich auf ein Grundsteuer-Reformgesetz geeinigt, das die Berechnung auf eine neue Grundlage stellt und will damit die Belastung gerechter verteilen. Welche Auswirkungen hat das für Eigentümerinnen und Eigentümer? Wir haben die Antworten!

Die Reform der Grundsteuer trifft alle Immobilien- und Grundstücksbesitzer

Der Gesetzgeber hat eine Reform der Grundsteuer beschlossen, die ab 01. Januar 2022 zur Anwendung kommt. Vor dem Hintergrund der Gesetzesänderungen ist eine Neubewertung aller Grundstücksarten vorzunehmen. Diese Bewertung stellt die Basis zur Feststellung der Grundsteuer für alle Immobilien- und Grundstücksbesitzer dar.

Warum gibt es eine Grundsteuerreform?

Die bisherige Ermittlung der Grundsteuer basiert auf jahrzehntealten Grundstückswerten, die mit realen Preisen nichts mehr zu tun haben. In den westlichen Bundesländern werden die Grundstücke nach ihrem Wert im Jahr 1964 veranlagt. In Ostdeutschland sogar nach dem Wert von 1935. Gleichwertige Grundstücke werden dadurch unterschiedlich veranlagt, was dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht. Das wollte das Bundesverfassungsgericht nicht länger dulden. Es forderte bis Ende 2019 eine Neuregelung. Der Gesetzgeber ist dieser Aufforderung gefolgt und hat die Reform der Grundsteuer verabschiedet, die ab dem Jahr 2022 zur Anwendung kommt.

Wie wird die Grundsteuer bisher berechnet?

Die Ermittlung der Grundsteuer ergibt sich aus 3 Faktoren. Der Steuermesszahl, dem Hebesatz sowie dem Einheitswert des Grundbesitzes. Die Bestimmung der Steuermesszahl erfolgt durch die Bundesregierung, der Hebesatz – und damit letztlich die Grundsteuerhöhe – wird von den Kommunen selbstständig festgelegt. Zur Bestimmung des Einheitswertes soll der tatsächliche Markt- bzw. Verkehrswert möglichst gut bestimmt werden. Grundlage hierfür sind die Wertverhältnisse zur Zeit des sogenannten Hauptfeststellungszeitpunkts (1. Januar 1964 in Westdeutschland bzw. 1. Januar 1935 in Ostdeutschland).

Alle bebauten gemischt genutzten Grundstücke, Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Eigentumswohnungen und Geschäftsgrundstücke sowie fast alle Einfamilienhäuser werden grundsätzlich im Ertragswertverfahren bewertet. Das heißt: Um den Einheitswert zu erhalten, wird die Jahresrohmiete (zum 01. Januar 1964 im Westen bzw. 01. Januar 1935 im Osten), die ein fiktiver Mieter für das gesamte Kalenderjahr zu entrichten hätte, mit einem Vervielfältiger multipliziert. Hinzu kommen noch Zuschläge (werterhöhende Umstände) und Abschläge (wertmindernde Umstände). Dabei ist egal, ob die Immobilie tatsächlich vermietet wird oder nicht.

Aus dem Einheitswert des Grundbesitzes wird dann durch die Anwendung einer Grundsteuermesszahl der Grundsteuermessbetrag errechnet. Die Steuermesszahl beträgt zwischen dreieinhalb und sechs Promille. Die kommunalen Grundsteuerbeamten schlagen auf diesen Wert einen kommunal differierenden Hebesatz auf, woraus sich dann die Steuerlast für jeden Immobilienbesitzer ergibt. Dieser Hebesatz kann mehr als 900 Prozent betragen.

Wie wird die Grundsteuer zukünftig berechnet?

Die 3 Faktoren Steuermesszahl, Hebesatz und Wert des Grundbesitzes kommen auch bei der neuen Berechnung zur Anwendung. Allerdings kommen es zu Anpassungen der einzelnen Faktoren, um mehr Gleichheit und Gerechtigkeit zwischen gleichartigen Grundstücken zu erzielen.
Weiterhin gilt, dass sich die Grundsteuer am Wert einer Immobilie orientiert. So macht es auch künftig einen Unterschied, ob ein Haus oder eine Wohnung in einer begehrten oder in einer weniger gefragten Lage steht oder auch, ob ein Gewerbebetrieb in einer strukturschwachen Region angesiedelt ist oder in einer Großstadt.

Zusätzlich kommt eine soziale Komponente bei der Ermittlung der Steuermesszahl zum Tragen. Damit Wohnen bezahlbar bleibt, werden Immobilien des sozialen Wohnungsbaus, kommunale sowie gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsgenossenschaften unter bestimmten Voraussetzungen durch einen Abschlag auf die Steuermesszahl bei der Grundsteuer begünstigt.

Ermittlung des Grundbesitzwerts

Der Grundbesitzwert basiert im Wesentlichen auf dem Bodenrichtwert und der Höhe der statistisch ermittelten Nettokaltmiete. Für den Bodenrichtwert gibt es sog. Bodenrichtwertkarten die jährlich von den Gemeinden erstellt werden. Das Bundesfinanzministerium definiert für jede Gemeinde eine Mietniveaustufe, die die Grundlage für die Nettokaltmiete darstellt. Zusätzlich fließen noch Faktoren wie Grundstücksfläche, Immobilienart und das Alter des Gebäudes in die Berechnung ein. Bei diesem Faktor kommt es durch die Reform zu den größten Veränderungen.

Die Steuermesszahl

Für einen Ausgleich der Wertsteigerung wird die Steuermesszahl angepasst. Für alle Grundstücke wird der bisherige Wert von 0,35% auf zukünftig 0,034% abgesenkt. Einen zusätzlichen Abschlag von 25% erhalten Grundstücken, die zum sozialen Wohnungsbau sowie kommunales und genossenschaftliches Wohnen dienen.

Der Hebesatz

Den Hebesatz kann jede Kommune individuell definieren und im Rahmen der Reform anpassen. Es ist davon auszugehen, dass im Rahmen der Reform die Hebesätze von den Kommunen angepasst werden.

Was muss für die neue Grundsteuer alles bewertet werden?

Das Bewertungsverfahren richtet sich nach den verschiedenen Grundstücksarten. Grundsätzlich kann dabei zunächst zwischen Wohn- und Nichtwohngrundstücken unterschieden werden. Zusätzlich ist noch eine Unterscheidung zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken vorzunehmen. Bewertet werden müssen aber alle Grundstücke.

Nach welchem Verfahren werden die Grundstücke bewertet?

Für die Bewertung bebauter Grundstücke kommen grundsätzlich zwei Verfahren zum Einsatz. Das vereinfachtes Ertragswertverfahren und das vereinfachte Sachwertverfahren.

Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum werden mit dem vereinfachtes Ertragswertverfahren taxiert. Für Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum und sonstige bebaute Grundstücke kommt das vereinfachte Sachwertverfahren zur Anwendung.

Was ist die Öffnungsklausel?

Aufgrund von heftigem Widerstand aus Bayern zum Bewertungsverfahren der Grundsteuerreform hat sich die Große Koalition im Bund darauf geeinigt den Bundesländern individuelle Lösungen zu gestatten. Daraus hat sich die sogenannte „Öffnungsklausel“ ergeben, die es den Bundesländern ermöglicht länderspezifische Steuermesszahlen, länderspezifische Bewertungsregeln oder vollständige eigenständige Regelung anzuwenden.

Welche Bundesländer nutzen die Öffnungsklausel?

Aktuell (Stand Oktober 2021) werden Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachen ab 2025 ein eigenes Modell zur Berechnung der Grundsteuer anwenden. Die 5 Bundesländer sprechen sich somit gegen das Bundesmodell aus und nutzen die Öffnungsklausel. Ziel ist mit eigenen Reformmodellen für weniger Bürokratie und geringeren Kosten zu sorgen.

Was ist die Grundsteuer C?

Die Grundsteuer C soll für Gemeinden die Möglichkeit eröffnen die Spekulation mit Grundstücken zu reduzieren und den benötigen Wohnraum schneller zu realisieren. Hintergrund ist, dass immer mehr baureife Grundstücke als Spekulationsobjekt gehalten werden. Grundstücke werden teilweise nur aufgekauft, um eine Wertsteigerung abzuwarten, um dann diese Grundstücke anschließend gewinnbringend wieder zu veräußern. Diese Spekulation mit Bauland verhindert, dass dringend benötigter Wohnraum entsteht.

Künftig sollen Gemeinden für baureife, aber unbebaute Grundstücke einen höheren Hebesatz festlegen können, wenn auf diesen keine Bebauung erfolgt.

Was bedeutet die Grundsteuerreform mich als Eigentümer konkret?

Ganz allgemein kann festgehalten werden, dass sich durch die Reform für die Gesamtheit aller Steuerzahler nicht mehr oder weniger Grundsteuer ergibt. Allerdings wird es auf jeden Fall zu individuellen Veränderungen der Steuerzahlungen kommen. Einige werden mehr Grundsteuer bezahlen müssen, andere weniger.

Wie sich die Grundsteuerzahlungen für den einzelnen Steuerpflichtigen verändern werden, lässt sich nicht pauschal beantworten, insbesondere weil die gegenwärtigen Grundsteuerzahlungen sehr ungleich verteilt sind. Wenn Sie hierzu eine exakte Information benötigen, so können Sie uns gerne kontaktieren.