E-Commerce und der One-Stop-Shop (OSS)


Das Thema E-Commerce – zu deutsch etwa „elektronischer Handel“ – hat sich über mehrere Jahre hinweg als eines der interessantesten und vielversprechendsten Gebiete im Bereich des (Online-)Vertriebs herausgestellt. Die grundlegende Technologie dahinter bildet das Internet, über welches sämtliche den Kauf beziehungsweise Verkauf von Produkten betreffende Prozesse abgewickelt werden können. Die Käufer wählen die gewünschten Produkte über einen Online-Shop aus, bezahlen diese auf digitalem Wege und verfolgen den Versandweg anschließend in Echtzeit. Auch hinterlegte Prozesse wie beispielsweise ein elektronisches Warenwirtschaftssystem, welches sich um Lagerbestände und korrekte Buchungen der Transaktionen kümmert, oder ein CRM-System, welches einen nachhaltigen Kundenkontakt ermöglicht, werden simultan und häufig vollkommen autonom abgewickelt.

Einführung des One-Stop-Shop (OSS)

Nachdem die EU-Kommission sich auf eine Mehrwertsteuerreform geeinigt hatte, wurde Anfang Juli 2021 die zweite Stufe des sogenannten Mehrwertsteuer-Digitalpakt in Kraft gesetzt. Ein Bestandteil davon war die Einführung des One-Stop-Shop („einzige Anlaufstelle“), welcher eine zentrale Abwicklung aller umsatzsteuerlichen Melde- und Zahlungsverpflichtungen in einer einzigen Steuererklärung ermöglicht. Hiervon betroffen sind Transaktionen, welche den grenzüberschreitenden Warenhandel mit Konsumenten innerhalb der Europäischen Union beinhalten. Da Händler bei solchen Transaktionen prinzipiell in jedem Staat, in welchem sie Warenhandel betreiben, bestimmten Registrierungs- und Steuererklärungspflichten unterliegen, müssten sie sich an allen betroffenen Standorten umsatzsteuerlich registrieren und nach einer entsprechenden Auflistung der dortigen Umsätze die fällige Umsatzsteuer an die lokalen Steuerbehörden abführen. Seit der Einführung des OSS ist es ihnen jedoch möglich, sich ausschließlich im Ansässigkeitsstaat für das Verfahren zu registrieren (in Deutschland ist die Anlaufstelle hierfür das Bundeszentralamt für Steuern, kurz BZSt) und anschließend dort alle Umsätze aus Fernverkäufen aus Deutschland und/oder anderen EU-Mitgliedstaaten zu melden.

Eine Registrierung in ausgewählten Staaten bei gleichzeitiger Nutzung des OSS ist nicht möglich, eine Ausnahme kann lediglich die zwingende Erforderlichkeit einer zusätzlichen lokalen Registrierung darstellen – beispielsweise falls Warenlager im EU-Ausland genutzt werden. Bei einer Teilnahme am OSS-Verfahren müssen die entsprechenden Steuererklärungen vierteljährlich und innerhalb des jeweiligen Folgemonats nach Quartalsende bei der zuständigen Steuerbehörde abgegeben werden.

Was bedeuten Lieferschwellen?

Die sogenannte Lieferschwelle für die Umsatzsteuer beschreibt einen individuell festgelegten (Netto-)Grenzwert für alle EU-Mitgliedsstaaten, dessen Überschreitung innerhalb eines Jahres eine Umsatzsteuerpflicht in dem Land, in welches verkauft wurde, mit sich bringt. Gemäß der Fernverkaufsregelung wird anschließend die Umsatzsteuer nicht mehr in dem Ansässigkeitsstaat, sondern vielmehr in dem Land, in welches die Ware verschickt wurde, fällig. Da die Lieferschwellen von den einzelnen Ländern selbst festgelegt werden konnten, hatten die EU-Staaten bisher unterschiedliche Grenzwerte, welche bei Online-Händlern häufig für viel Arbeit und große Verwirrung sorgen.

Mit der Einführung des OSS-Verfahrens wird die Lieferschwelle auf 10.000 Euro für jeden EU-Staat festgelegt, gleichzeitig werden von nun an alle grenzüberschreitenden Transaktionen innerhalb eines Jahres einbezogen – unabhängig vom (innereuropäischen) Zielland.

Welche Vor- und Nachteile bietet das OSS-Verfahren?

Händler, welche ihre Produkte online vertreiben und dabei grenzüberschreitende Verkäufe tätigen, hatten bisher viel Aufwand, falls ihr Nettoumsatz die jeweilige Lieferschwelle eines Ziellandes erreicht beziehungsweise überschritten hatte. Neben der steuerlichen Registrierung in den betroffenen Staaten fiel auch die Berechnung und Meldung der jeweiligen Umsatzsteuer an, was häufig mit einem großen Aufwand verbunden war. Das OSS-Verfahren vereinfacht diese Prozesse nun enorm, indem bei einer Teilnahme an dem Verfahren eine einzige Umsatzsteuererklärung für alle EU-Fernverkäufe in dem Land, in welchem der Händler beziehungsweise sein Unternehmen seinen Sitz hat, ausreicht. Auch grenzüberschreitende Verkäufe aus einem Warenlager können in diesem Verfahren berücksichtigt werden.

Wichtig ist jedoch auch zu beachten, dass eine Erstattung der Umsatzsteuer nicht über den OSS, sondern über die zuständige Finanzbehörde des jeweiligen Bestimmungslandes erfolgt und für die meisten Online-Händler infolge der Reduzierung der Lieferschwelle auf 10.000 Euro (für alle EU-Staaten in Summe) ein einziger Fernverkauf in ein bestimmtes Zielland für eine dortige Steuerpflicht ausreichen dürfte.

Außerdem fallen für grenzüberschreitende B2B-Transaktionen auch weiterhin alle damit einhergehenden Registrierungs- und Steuererklärungspflichten im Zielland an, diese können nicht über den OSS gemeldet werden.

Wie funktioniert die Registrierung beim OSS?

Nachdem der OSS am 1. Juli 2021 eingeführt wurde und eine Registrierung bereits seit dem 1. April 2021 möglich war, gilt nun allgemein: Die Registrierung von Online-Händlern für das OSS-Verfahren muss bis zum Ende eines Quartals erfolgen, um dieses im darauf folgenden Quartal in Anspruch nehmen zu können. Falls sie bereits am Vorgängerfahren Mini-One-Stop-Shop (MOSS) teilgenommen haben, nehmen sie automatisch am OSS teil.

Die Registrierung zum OSS ist unter der OSS-Website des BZSt möglich. Über einen Link gelangt man dort zum BZSt-Online-Portal (BOP), für welches aufgrund der bereits bestehenden steuerlichen Verpflichtungen als Händler in den meisten Fällen bereits Zugangsdaten vorhanden sein sollten – anderenfalls ist auch eine Neu-Registrierung möglich, welche allerdings erst bestätigt werden muss und dadurch mehr Zeit in Anspruch nehmen kann. Nach erfolgreicher Anmeldung kann unter dem Menüpunkt „Formulare & Leistungen“ das benötigte Formular mit dem Titel „Registrierungsanzeige für die Teilnahme an der OSS EU-Regelung“ gefunden und anschließend ausgeführt werden. Nach der Eingabe und anschließenden Bestätigung aller erforderlichen Daten und Informationen wird das BZSt die Beantragung der Registrierung für den OSS sowie zu einem späteren Zeitpunkt die erfolgreiche Freigabe schriftlich bestätigen.

Wie wird die Umsatzsteuer über den OSS gemeldet?

Auch die Umsatzsteuererklärung im OSS erfolgt über das BOP, hierfür muss nach der entsprechenden Anmeldung und Identifikation unter dem Menüpunkt „Formulare & Leistungen“ das Formular „One-Stop-Shop (OSS) für in der EU ansässige Unternehmer – EU-Regelung (vormals Mini-One-Stop-Shop)“ gesucht und anschließend der Unterpunkt „Steuererklärung für die OSS EU-Regelung – für Besteuerungszeiträume ab 3. Quartal 2021“ ausgeführt werden. Nach der Eingabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und der Auswahl des Besteuerungszeitraums können alle vorhandenen Daten zu jedem betroffenen EU-Staat hinterlegt werden. Falls aufgrund verschiedener Produktarten unterschiedliche Mehrwertsteuersätze vorhanden sind, können auch diese individuell eingetragen werden. Separat angegeben werden müssen außerdem Verkäufe, welche nicht aus dem Ansässigkeitsstaat erfolgt sind, beispielsweise falls im Rahmen von Fernverkäufen Produkte aus einem im EU-Ausland befindlichen Warenlager versendet wurden.

Nach Eingabe aller Umsätze können der finale Umsatzsteuerbetrag eingesehen sowie eventuell notwendige Änderungen oder Korrekturen vorgenommen werden, bevor das Formular digital eingereicht werden kann.